12.02.2017 | Ins Zollhaus "getrumpt"
VS-Zollhaus. "Sicher isch sicher", war das Motto des Gockelballs. Es hatte rein gar nichts mit Grenzkontrollen zu tun, denn Migranten wie Villinger oder Schwenninger geben sich seit Jahrhunderten hier die Klinke in die Hand und beleben das Geschäft. Das städtische Sicherheitskonzept für die Fasnet war es, das sich als Roter Faden durchs Programm zog.
Es dauerte bis vom Sicherheitsbeauftragten (Philippe de Surmont) akribisch alle Sicherheitsabstände ausgemessen, die Standfestigkeit von Podesten gecheckt und vorhandenes Stroh befeuchtet war und sonstige neuartige Regelungen abgeklärt waren. Glücklicherweise hatte alles keine negativen Auswirkungen auf den Programmablauf.
Nicht aus dem Gockeler-Programm wegzudenken waren die überzeugenden Beiträge des Gockel-Nachwuchses. Was zieh ich an, dass man mich sehen kann (bei Dunkelheit auf dem Schulweg), inszenierten die Bambini tänzerisch und auch die "Dancing Girls" mit tollem Beitrag. Von wegen "Nix los im Dorf", machten die beiden Youngsters (Marco und Nico Anders) deutlich, nichts entging ihnen. "Fuck you Goethe", wenn es heißt "wer rennt da so spät durch Nacht und Wind, es isch de Zappe und der isch high".
Älles agfresse: "Schnecken überall wo i na gug", am Salat, am Gemüse, an den Schuhen, "es isch e rechti Bloog", sangen die beiden Necklemer. Sie mit Bärenbier zu fangen ist zu schade dafür, das säuft man besser selber.
Trotz Fasnet wurde es im Zollhaus nochmals richtig weihnachtlich. Nachdem Knecht Ruprecht in Amerika wegen seines talibanmäßig schwarzen Bartes verboten wurde, sind Christkindle, Nikolaus und Rentier gefrustet ins Zollhaus "getrumpt", um ihren Frust lokalkoloritmäßig abzulassen. So wussten sie, dass der Arzt einem Obergockel erklärt habe, dass Schmerzen an der Achillessehne eigentlich nur bei Sportlern auftreten.
Einer Dame im besten Alter sei erst beim Fünfzigsten aufgefallen, dass nur noch alte Männer kommen. Ein Haus- und Hofelektriker habe einen "frivolen" Auftrag bekommen, und seinen Lieferwagen vorsichtshalber um die Ecke vom Laufhaus abgestellt. Ein Großlandwirt sei mit einer Kuhkette um den Hals nach Villingen geradelt.
Die Gockelgilde habe in Schwenningen einen Antrag gestellt, dass ihr der Schlüssel von der Bürk-Turnhalle überlassen wird, dass sie selber den Zapfenstreich bestimmen können, denn nach dem Schwenninger Umzug sei dort schon vor sechs Uhr tote Hose. "Rot Kreuzler unter sich", sie mussten bei den Ballgästen zwar nicht medizinisch eingreifen, doch führten auf der Bühne unnachahmlich fast frei nach Handbuch vor, wie man "sein Opfer" nicht unbedingt in eine stabile Seitenlage bringen sollte.
Am Schluss da kamen die Schönsten und die wurden vom Publikum für ihre Leistungen gefeiert. Das Männerballett-Quartett (Fabio und Claudio Codispoti, Benedikt Cartensen und Swen Vosseler) wurde nach rasender Umzieh-Geschwindigkeit durch den begehbaren Bühnen-Kleiderschrank in allen Musikstilen und Darsteller-Parodien gerecht, von Tango bis Kasatschok, von Lady Gaga bis Heino und Herbert Grönemeyer, anmutig weiblich, animalisch männlich, einfühlsam und extrovertiert, ein gelungener Rundumschlag, ehe es mit den Duo "Pop Alpin" musikalisch fetzig durch die Gockel-Nacht ging.
Text und Bild: Schwarzwälder Bote (Willi Zimmermann), 12.02.2017